Nachruf auf Edgar Pusch

Dr. Edgar Bruno Pusch war ein sehr engagierter und angesehener deutscher Ägyptologe, der 50 Jahre lang archäologische Arbeiten und Forschungen in Ägypten verbrachte, davon 39 Jahre allein in Qantir/Pi-Ramesses im östlichen Delta. Er wurde 1946 in Düsseldorf geboren und interessierte sich bereits als Schüler des Humboldt-Gymnasiums für das alte Ägypten und den Nahen Osten.

Er begann ein Studium der Ägyptologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn bei Prof. Dr. Elmar Edel. Durch ihn kam er 1969 auch nach Ägypten und arbeitete an einem Projekt in den Felsengräbern des Qubbet el-Hawa in Assuan. Gleich in seinem ersten Jahr war er an der unerwarteten Entdeckung spätzeitlicher Gussformen für Bronzefiguren in einem neu ausgegrabenen Grab des Alten Reiches beteiligt. Obwohl ihm das damals noch nicht bewusst war, wurden das Metallhandwerk und später andere Hochtemperaturtechnologien zu einem festen Bestandteil seiner Forschungstätigkeit. Zunächst galten seine Interessen und Recherchen aber auch anderen Themen, zu denen vor allem altägyptische Gesellschaftsspiele gehörten. 1975 schloss er in diesem Zusammenhang seine Dissertation zum Thema „Senet-Brettspiele“ an der Universität Bonn ab.

Nach Abschluss seines Studiums kam er im März 1978 an das Roemer- und Pelizeaus-Museum in Hildesheim, wo er eng mit dem dortigen Direktor Prof. Dr. Arne Eggebrecht zusammenarbeitete. In den folgenden Jahren war er der erste Koordinator der Sonderausstellung „Sumer – Assur – Babylon“. In den folgenden Jahren war er an der Koordination zahlreicher Sonderausstellungen beteiligt und zeichnete insbesondere für die eindrucksvollen Eröffnungsveranstaltungen verantwortlich. Da ihm auch die Vermittlung alter Kulturen an Kinder und Jugendliche sehr am Herzen lag, verfasste er allein drei Kinderbücher über das alte Ägypten und den Nahen Osten.

1980 begann er mit den Ausgrabungen in Qantir/Pi-Ramesses, die zu seiner Lebensaufgabe werden sollten. Die anfänglichen Erfolge zu Beginn des Projekts, wie die Entdeckung der hethitischen Schildmodelle, führten dazu, dass die Ausgrabung zu einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Langzeitprojekt wurde. Ein wichtiges Merkmal seiner Arbeit war eine große Offenheit gegenüber neuen Technologien. Dazu gehörte der frühe Einsatz computergestützter Datenbanken sowie der erste Einsatz der Cäsium-Magnetometrie im Nildelta in Zusammenarbeit mit dem Geophysiker Dr. Helmut Becker. Die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Thilo Rehren zur Aufarbeitung von Funden und Merkmalen der Hochtemperaturtechnik, z.B. zur Bronze- und Glasherstellung, war ebenfalls richtungsweisend. Besondere Erwähnung verdienen auch seine Ausgrabungen der königlichen Streitwagenanlagen und Pferdeställe der ramessidischen Herrscher.

Bei seinen Ausgrabungen bildete Edgar Pusch im Laufe der Jahre über 200 junge Archäologen und Ägyptologen aus. Nach Abschluss der Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gelang es ihm, die Ausgrabung von 2011–2017 durch eine Kooperation mit dem University College London, Quatar in Doha fortzusetzen. Ihm war wichtig, dass alle Ergebnisse für die spätere Forschung weiterhin zur Verfügung stehen, deshalb übergab er seine Unterlagen dem Stadtarchiv Hildesheim zur Langzeitarchivierung. Darüber hinaus sorgte eine geordnete Übergabe an seinen Nachfolger dafür, dass das Projekt heute im 44. Jahr erfolgreich weitergeführt werden kann. Nach seiner Pensionierung stand er dem Projekt jedoch bis zuletzt mit Rat, Tat und großer Leidenschaft zur Verfügung. Edgar Pusch war bekannt für seine große methodische Genauigkeit und Zuverlässigkeit sowie seinen hohen wissenschaftlichen Anspruch und für seinen sehr großzügigen Umgang mit Menschen unterschiedlicher Herkunft.

Edgar Pusch war Autor und Herausgeber von über 70 Publikationen. Zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 2016 erschien die von ihm 1998 mitbegründete Reihe: Forschungen in der Ramses-Stadt. Die Grabungen des Pelizaeus-Museums Hildesheim in Qantir-Piramesse.

Dr. Edgar Bruno Pusch im Grabungshaus in Qantir, 2006
Dr. Edgar Bruno Pusch im Grabungshaus in Qantir, 2006